Die „goldene Trompete“ von Guca
Autor: Simon Loubris (Die Europa Zeitung)
Übersetzung: Anja Pfau
Drei Stunden von Belgrad entfernt findet ein ungewöhnliches Festival statt, bei dem die Blechbläser eines ganzen Landes gegeneinander antreten: Es ist die Versammlung der Trompetenspieler von Guca.
„Ich wusste nicht, dass man die Trompete auf diese Art spielen kann“, sagte Miles Davis angesichts des Festivals von Guca in Serbien. Es findet vom 1. bis 7. August bereits zum 45. Mal statt und verwandelt die friedliche 3000 Seelen-Ortschaft zur Welthauptstadt… der jugoslawischen Blaskapellen!
Ununterbrochen seit 1961 organisiert die Versammlung der Trompetenspieler von Guca das Finale, dessen Vorentscheidungen im Juli in den vier Ecken des Landes, in einem offenen Blaskapellenwettbewerb ganz Serbiens stattfinden. Der Siegergruppe wird die berühmte „Goldene Trompete“ verliehen, die zahlreiche, zukünftige Verträge verheißt. Jeden Sommer kommen mehr als 300 000 Menschen auf das Festival, und der Anteil der Ausländer, die der Trompete verfallen sind, wächst stetig. Guca könnte in einem Land wie Serbien, in dem Nationalismus großgeschrieben wird, einem riesigen Dorffest oder einer serbischen Folklore-Messe gleichen. „Leute, die auf Tischen tanzen, unermüdliche Trompetenspieler, sexy Mädchen, schlaflose Nächte, Spanferkel, Rakija [lokaler Schnaps] und alle anderen Spezialitäten des Balkans, nebst den unvergesslich gastfreundlichen Dorfbewohnern“ beschreibt der 28jährige Slowene Goran Raskovic, Mitbegründer des Royal Club Veselica, der jedes Jahr eine „Pilgerschaft“ vor Ort organisiert, das Festival.
„Manchmal sogar schöne Melodien“
Es ist ein Ort, an dem die ganze Fantasie eines Volkes durch die Blechblasinstrumente zum Ausdruck kommt. „Vielleicht hat alles mit den Filmen von Kusturica angefangen“ erklärt Goran, bevor er hinzufügt: „Als wir Studenten in Ljubljana waren, durften Trompeten auf unseren Festen nicht fehlen..“ Zusätzlich zum offiziellen Wettbewerb, der für die nationalen Blaskapellen reserviert ist, pilgert eine unberechenbare Anzahl von Serben, Roma, aber auch Ausländern in Richtung der Stadt, um außer des offiziellen Programms am Fest teilzunehmen.“ „Jede Boutique, jede Bäckerei, jeder Friseursalon verwandelt sich in eine Bar oder in ein Restaurant. Die Leute treiben keine politischen Motive nach Guca, sondern exzellentes Essen, sympathische Leute und eine Menge Dinge, die für diesen Teil Europas eine große Bedeutung haben“ erklärt Goran.
Für Martin Müller, einen 24jährigen deutschen Studenten, der schon zweimal dabei war, „ist die Atmosphäre schwer zu beschreiben. Es ist verrückt: Niemals habe ich Leute so feiern gesehen.“ Die Musik hat ihn schließlich überzeugt. „In Deutschland ist die meiste Blasmusik beschissen. Als ich in Guca ankam, klang alles ganz anders. Nach einigen Stunden (und einigen Bieren), begann ich zu tanzen: die Musik ist schnell, abgefahren, mit guten Rhythmen und manchmal sogar tollen Melodien.
Nun muss man nur noch hinfahren: Richtung letzter Winkel Europas, nach unten, und dann rechts.